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Der Lesekreis im September

12.10.2020Aktuelles
Der Lesekreis im September

Seit dem Corona-Lockdown hatte sich der Lesekreis Sehestedt nicht mehr getroffen. Im August kam er erstmals in kleiner Runde wieder zusammen. Alle hatten viel gelesen und viele Bücher vorzustellen. Das nächste Treffen ist für Dienstag, 13. Oktober, um 19.30 Uhr im Bürgerraum des Kanal-Treffs geplant.
Besprochen wird das Buch
Lisa Wingate, „ Libellenschwestern“, blanvalet TB, 10.99 Euro

Der bewegende Spiegel-Bestseller, inspiriert von einer wahren Geschichte.
Für Avery hat das Leben keine Geheimnisse. Bis sie auf May trifft. Die 90-Jährige erkennt ihr Libellenarmband, ein Erbstück, und besitzt auch ein Foto von Averys Großmutter. Was hat diese Frau mit ihrer Familie zu tun? Bald stößt Avery auf ein Geheimnis, das sie zurück in ein dunkles Kapitel der Geschichte führt … Memphis, 1939: Die junge Rill lebt mit ihren Eltern und Geschwistern in einem Hausboot auf dem Mississippi. Als die Kinder eines Tages allein sind, werden sie in ein Waisenhaus verschleppt. Rill hat ihren Eltern versprochen, auf ihre Geschwister aufzupassen. Ein Versprechen, das sie nicht brechen will, ihr aber mehr abverlangt, als sie geben kann …

Für alle, die beim August-Treffen nicht dabei sein konnten, hier ein Auswahl der empfohlenen Bücher.

Den Anfang der Vorstellungen machte Sabine Sopha mit
Sue Monk Kidd: „Das Buch Ana“, btb, Hardcover,  22 Euro
Wie wäre es gewesen, wenn Jesus eine Frau gehabt hätte? Diese Frage hat sich die amerikanische Schriftstellering Sue Monk Kidd gestellt. Sie geht das Thema mit viel Fingerspitzengefühl an, denn sie will nicht die Einstellung von gläubigen Menschen verletzen. Und so ist ihr Buch auch ein Sittengemälde aus jener Zeit, mit plastischen Schilderungen der Lebensumstände der Menschen – und vor allem der Frauen. Ihre Sprache ist dabei der Zeit angepasst, ohne dass es störend oder aufgesetzt wird. Und mit der Hauptperson Ana hat sie eine unangepasste, wissbegierige und eigensinnige Protagonistin geschaffen. Eine fesselnde Lektüre, die deutlich macht, wie wenig Rechte Frauen im Judentum hatten…

… und teilweise immer noch haben, wie Renate Ahlmann mit ihren Buchtipps ergänzen konnte – vor allem bei den Ultra-orthodoxen Juden.
Deborah Feldman: „Unorthodox“, btb TB, 10 Euro
Die Autorin wuchs im New Yorker Stadtteil Williamsburgh auf, in dem eine große Gemeinschaft ultra-orthodoxer Juden lebt. Äußerlich sind die Männer an ihren Schläfenlocken zu erkennen und den großen Hüten, die Frauen tragen kniebedeckende Kleider und meist Perücken – denn es gilt als unschicklich, wenn ein fremder Mann das Haar einer verheirateten Frau sieht. Der Sinn der Heirat ist es, viele Kinder in die Welt zu setzen -vier, fünf oder mehr sind keine Seltenheit.

Unorthodox: Quelle: Netflix, DFF, © Anika Molnar, Netflix Tal Hever (oben 2.v. l.), Ita Korenzecher (oben 3.v. l.), Harvey Friedman (Mitte links), Amit Rahav (Mitte 2.v. l.), Shira Haas (Mitte 3.v. l.), Ronit Asheri (Mitte 4.v. l.) in „Unorthodox“ [Episode 2] (2020)

Deborah Feldman: „Überbitten“, btb TB, 12 Euro
Ist die Fortsetzung von „Unorthodox“. Hierin beschreibt die Autorin, wie sie sich von dem reglementierten Leben befreien konnte. Auf Netflix gibt es momentan die Mini-Serie mit dem Titel „Unorthodox“. Diese ist von den Büchern inspiriert, hält sich aber nicht 1:1 an die Vorlage. Sehenswert ist sie dennoch, genau wie die Bücher zu empfehlen sind.

Ellen Pahling hat in den vergangenen Monaten viel gelesen. Eine ihrer Empfehlungen ist
James McBride „Die Farbe von Wasser“, btb TB, 11 Euro
Die Farbe von Wasser erzählt die Geschichte James McBrides, der in den sechziger Jahren – den Zeiten von Malcolm X und Martin Luther Kings – an der Seite von elf Geschwistern in New York aufwächst. Vor allem aber erzählt es die bewegende Geschichte seiner weißen Mutter Ruth, die 1921 in Polen als Tochter eines orthodoxen Rabbiners geboren wird, mit zwei Jahren mit ihrer Familie nach Amerika auswandert und mit 17 für immer ihr Elternhaus in Virgina verlässt, um in New York einen Schwarzen zu heiraten. Eine Familiengeschichte wie ein Roman, mit einer Heldin, die wie selbstverständlich über Rassenkonflikte und persönliche Entbehrungen triumphiert.

Außerdem machte sie neugierig auf
Britta Bolt und die Fälle für Pieter Posthumus
„Das Büro der einsamen Toten“ – Der erste Fall für Pieter Posthumus
„Das Haus der verlorenen Seelen“
„Der Tote im fremden Mantel“
Alle als Taschenbuch bei Heyne. „Das sind keine Schocker“, so ihr Fazit. „Aber die Bücher sind schön zu lesen“.

Vergnügen bereitete ihr auch:
Jörg Maurer „Am Tatort bleibt man ungern liegen“, Fischer TB, 10.99 Euro
Im heimischen Segelhafen kennengelernt haben die Pahling die Autorin Kerstin Grätzer. Sie stammt aus der Ex-DDR und hat ihre dortigen Erfahrungen in einem Buch verarbeitet.

Kerstin Grätzer: „Seefrau unter roten Socke: Wellen, Wind und Wogen – ich mittendrin und oben drauf“, tredition TB, 16,90 Euro
Jetzt soll sie in Büdelsdorf leben.
Ein Buch, für das man laut Ellen Pahling starke Nerven benötigt ist der zweite Krimi von Erfolgsautorin Romy Hausmann:

Totenland von Michael Jensen

Romy Hausmann: „Martha schläft“, dtv premium, 16.90 Euro
Ilse Kelm liebt Krimis. In den vergangenen Monaten hat sie nach eigener Aussage „alle von Stefanie Ross“ gelesen. Das neueste Werk der Autorin, das im Norden spielt: „Falsches Spiel in Brodersby“, grafit TB, 13 Euro

Handlung laut Klappentext: Mit Ende der Urlaubssaison verirren sich nur noch wenige Touristen in die idyllische Landschaft zwischen Ostsee und Schlei. Doch von Ruhe kann für Landarzt Jan Storm keine Rede sein. Beweist der ehemalige Soldat sonst eiserne Nerven, macht ihn die bevorstehende Geburt seines ersten Kindes ungewohnt nervös. Als ein Mädchen in Kontakt mit weißem Phosphor gerät, überschlagen sich in Brodersby die Ereignisse. Denn die Substanz sieht nicht nur Bernstein zum Verwechseln ähnlich, sondern war auch einer der Hauptbestandteile von Brandbomben im Zweiten Weltkrieg. Von diesen militärischen Altlasten liegen noch heute Tausende in der Ostsee – und sind nach wie vor gefährliche Waffen, für die Terroristen gut bezahlen …

Eine ganze Reihe Bücher der unterschiedlichsten Genres hat Sabine Sopha in den vergangenen Monaten verschlungen.

Es gibt wieder einen Krimi, der in unserer Region spielt
„Der letzte Käpt’n“ von Arnd Rüskamp, emons, 13 Euro

Klappentext: Marie Geisler vom LKA Kiel freut sich auf den Sommerurlaub, da wird bei einer Routinekontrolle am Hafen ein toter Biker entdeckt. Der Schwede wurde regelrecht hingerichtet. Ist eine Auseinandersetzung zwischen rivalisierenden Banden eskaliert? Maries neuer Kollege Gregor Sachse, der alte Kontakte in die Rockerszene Norddeutschlands hat, soll als V-Mann eingeschleust werden. Doch als es einen weiteren Toten gibt, droht die Sache aus dem Ruder zu laufen …

Auch hier hat der Autor wieder zahlreiche Orte der Umgebung erwähnt, und er sagt selbst, dass er seine Leser dazu animieren will, sich diese Orte anzuschauen. Aber anders als beim Krimi zuvor sind es mehr Beschreibungen am Rande und wird der Leser durch die Rocker-Thematik fasziniert.

Ein ganz besonderes Buch ist von
Michael Jensen „Totenland“, atb, 11 Euro

Klappentext: Ende April 1945. Der Krieg geht zu Ende. Nachdem er schwer verwundet wurde, ist Jens Druwe aus Berlin nach Schleswig-Holstein abkommandiert worden. Hier soll er als Polizist für Ordnung sorgen. Als ein hoher Funktionär der NSDAP ermordet wird, wollen seine Vorgesetzten sogleich den ersten Verdächtigen, einen entflohenen Häftling, aburteilen. Doch Druwe stellt sich gegen die Profiteure des untergehenden Regimes. Ihm zur Seite steht allein die Schwester des Verdächtigen, die wie er voller Mut und Hoffnung den Kampf gegen einen übermächtigen Gegner aufnimmt. 

Der Krimi spielt in Flensburg und Umgebung. Der Autor lebt in Flensburg und in Hamburg. Allerdings im Michael Jensen ein Pseudonym. Der Arzt und Therapeut beschäftigt sich insbesondere mit den seelischen Spätfolgen des Zweiten Weltkrieges, vor allem bei den Nachkommen der Täter und Opfer. Er thematisiert Schuld und Verantwortung und sagt über seinen Protagonisten Jens Druwe: „Ich möchte gar nicht, dass er allzu leicht verstanden wird. Vielmehr liegt gerade der Reiz darin, zu erkennen, wie ungeheuer schwierig es ist, ihn (und damit allgemein den Menschen) zu verstehen.“ Auch geht es dem Autor darum, dass das Leid der Opfer nicht vergessen wird. „Meine Fiktion ist Vision, weil ich glaube, dass Sprache die beteiligten Gefühle wachhält.“

Das stimmt. Und das ist ihm meisterhaft gelungen. Ein Buch, das nachdenklich macht und man nicht so schnell vergisst. Es gibt auch schon ein Nachfolgebuch, „Totenwelt“, das kurz nach Ende des Krieges zur Dönitz-Zeit spielt.

Außerdem:
Sina Beerwald „Die Strandvilla“, Knaur TB
Petra Schier „Die Liebe gibt Pfötchen“, HarperCollins
Kristina Valentin „Garten der Wünsche“, Diana Verlag
Marie Sanders „Die Frauen vom Nordstrand“, atb