Die Vorbereitungen sind getroffen, Flyer gedruckt und verteilt – doch Corona vereitelt auch die Pläne von Karin und Heiner Pohl. Die Ausstellung in ihrem Wohnhaus, der Alten Schule, am Wochenende 11. und 12. Dezember haben sie schweren Herzens abgesagt. Viel Herzblut steckt in dem Projekt, das in Verbindung mit ihrem langjährigen Engagement für die Psychiatrie in Krakau (Polen) steht.
„Wir haben uns so sehr gefreut, diese Ausstellung wie im letzten Jahr wiederholen zu können, dieses Mal sogar mit weihnachtlicher Musik“, erklärt Karin Pohl. „Doch die momentane Situation lässt uns leider keine andere Wahl.“ In ihrem Haus hätten sie die Sicherheit, die nötig gewesen wäre, nicht herstellen können. „Im nächsten Frühjahr laden wir wieder ein, dann mit einem Konzert im alten Schulgarten“, verspricht sie.
Karin Pohl ist Sozialtherapeutin. Bereits vor 30 Jahren hat sie eine Partnerschaft mit dem Babinski-Klinkikum in Krakau begonnen – im Rahmen ihrer Arbeit der deutsch-polnischen Gesellschaft für seelische Gesundheit, dessen Vorstandsmitglied sie lange Zeit war. Diese Partnerschaft wird seit 20 Jahren bei der Brücke Rendsburg-Eckernförde fortgesetzt. Karin Pohl initiierte zahlreiche gemeinsame Urlaube mit Nutzern der Brücke und Patienten des Babinski-Krankenhauses. Unter anderem hierfür und andere Aktivitäten wurde sie 2008 vom polnischen Staat für ihre Verdienste zum Schutze der Menschenrechte ausgezeichnet.
Die Verbindung nach Polen besteht nach wie vor. Begeistert berichtet Karin Pohl von Krzysztof Putanowicz. Von ihm hängen etliche Bilder in dem langen Flur ihres historischen Hauses. Es sind zahlreiche Landschaften, und eine Ähnlichkeit mit den lichtdurchfluteten, federleichten Aquarellen des englischen Malers William Turner ist nicht rein zufällig.
„Krzysztof Putanowicz war ein Patient, der malte. Jetzt ist er ein Maler, er ab und zu noch psychische Probleme hat“, beschreibt Karin Pohl den bemerkenswerten Werdegang des Polen. Er war im Babinski-Klinkikum in Krakau in Behandlung, einem der größten psychiatrischen Krankenhäuser in Polen, als man dort begann, eine Kunstthearpie anzubieten. Der Architekt (Jahrgang 1975) besuchte ein Turner-Ausstellung. Das war die Initialzündung für seinen künstlerischen Werdegang.
Regelmäßig besuchen Karin und Heiner Pohl das Nachbarland Polen. In diesem Herbst waren sie wieder dort und haben die Putanowicz-Bilder für die Ausstellung mitgebracht. Über die Jahre sind Freundschaften entstanden und immer wieder Aktionen für die Babinski-Patienten organisiert worden. Das Credo: „Wir möchten den Menschen so viele normale Situationen wie möglich anbieten“. So wohnte einmal eine große Patientengruppe mit großem Vergnügen in der Heuherberge Naeve.
Das Paar aus Sehestedt hat diese Aktivitäten stets organisiert und begleitet. So fungiert Geschichtsprofessor Heiner Pohl oftmals als Fahrer. Und einmal vermittelte er den Besuch eines Orgelkonzertes. Dabei hatte er nicht bedacht, dass der späte Termin den geregelten Tagesablauf der psychisch kranken Menschen durcheinanderbringen könnte. Doch die Bedenken waren unnötig. „Als wir sie anschließend gefragt haben, welches der Höhepunkt der Reise für sie war, haben viele das Konzert genannt“, sagt Pohl erfreut. Die Unternehmungen sind also für beide Seiten eine Bereicherung. So sind daraus Tanzabende in Eckernförde entstanden. „101 Partys haben wir vor Corona organisiert“, erklärt Karin Pohl, bei denen ihr Mann als Diskjockey im Einsatz war.
Gemeinsam mit der Brücke wurden 2016 erstmals in deren Räumen in der Ahlmannstraße Werke aus Polen ausgestellt (Link zum Artikel in der TAZ https://taz.de/Die-Welt-ist-ein-bruechiges-Konstrukt/!5312291/) . Mit dem Landesbeauftragten für Politische Bildung organisiert gab es eine Ausstellung in Kiel, 2019 war Putanowicz an der „HafenArt“ in Eckernförde beteiligt. 2020 zeigt das Ehepaar Pohl die Putanowicz-Bilder erstmals in der Alten Schule. Und machte die Erfahrung, dass die Veranstaltung sehr gut angenommen wurde.
Der Flur des historischen Gebäudes in Sehestedt ist wie geschaffen für eine Ausstellung. Hier hängen stets groß- und kleinformatige Originale verschiedenster Künstler. Unter anderem von Rebecca Neundorf, der Enkelin des Paares, die sich auf lebensechte Tierbilder spezialisiert hat und auch am kommenden Wochenende dabei gewesen wäre. Und Monika Metzger hatte die Kontakte zu der kubanischen Sängerin Leticia vermittelt, die am Sonnabend Weihnachtslieder vortragen sollte.
Die öffentliche Ausstellung mit Musik (unter 2G-Bedingungen) wäre ein kleines kulturelles Highlight in der Sehestedt gewesen. Die Pohls hatten auch Unterstützung von der Gemeinde bekommen. Die Bemühungen aller Beteiligten werden aber nicht vergeblich gewesen sein. Denn bereits vor der coronabedingten Absage hatten Karin und Heiner Pohl signalisiert: „Wir möchten unser Haus künstlerisch öffnen und können uns langfristig Veranstaltungen in der Alten Schule vorstellen“. Wenn die Bedingungen stimmen, wird es im Frühjahr eine Veranstaltung geben. sab