Wie soll die Zukunft in der Kanalgemeinde aussehen? Mehr Wohnraum, bessere Fahrradwege, wieder ein Allgemeinmediziner – das waren einige der Wünsche, die geäußert wurden. Das Amt Hüttener Berge hatte eingeladen zur „Zukunftsstrategie 2.0“. Unter Anleitung von Mitarbeitern der Firma Höhn Consulting beteiligten sich 50 Sehestedter an dem Brainstorming. Im Januar soll dann noch einmal eine Online-Umfrage gestartet werden. So hat jeder Bürger der Gemeinde die Möglichkeit, seine Vorstellungen zu äußern.
„Wir wollen nicht alleine in den Workshops sitzen. Wir wollen maximale Bürgerbeteiligung.“
Andreas Betz, Amtsdirektor
Bereits vor sechs Jahren hatte es die Zukunftsstrategie „Daseinsvorsorge 2013“ gegeben, erklärt Andreas Betz. „Davon haben wir inzwischen viele Punkte abgearbeitet“, so der Amtsdirektor der Hüttener Berge. Aber inzwischen habe es einen gesellschaftlichen Wandel gegeben, neue Themen seien in den Fokus gerückt. Außerdem: Wenn das Amt Gelder aus Förderprogrammen erhalten möchte, „dürfen die Konzepte nicht älter als fünf Jahre sein“.
Was bisher erreicht wurde
Bürgermeister Torsten Jürgens-Wichmann machte zu Beginn deutlich, was bisher zur „Daseinsvorsorge“ erreicht worden ist. So wurde unter anderem der Kanal-Treff mit Imbiss, Bürgerraum und MarktTreff (Nahversorgung) etabliert. Auch Marcus Chall, Berater von Höhn Consulting und Moderator des Abends, bescheinigte der Gemeinde: „Hier ist in den vergangenen Jahren definitiv nicht geschlafen worden. Es wurde viel geschafft.“ Auch in Sachen Mobilität hat sich einiges getan: Hüttis Marktbus, der E-Mobil und die digitale Vernetzung der Angebote durch das Amt Hüttener Berge wurden hier genannt.
Aber – das betonte Marcus Chall: Einige Prognosen sind nicht eingetroffen. Und Schwerpunkte haben sich verschoben. So sei der Bevölkerungsrückgang zwar stärker als prognostiziert, aber es gebe mehr Kinder und Jugendliche in der Gemeinde, als damals angenommen.
Jetzt stehen zwölf Handlungsfelder auf der Agenda:
Vier Schwerpunkte
Zu allen Punkten waren Arbeitsbögen aufgehängt, an denen die Sehestedter ihre Bemerkungen hinterlassen konnten. Oder einfach einen blauen Punkt. “Der ist wie ein Like bei Facebook”, erklärte Chall die Funktion. Anhand der Punktezahl ließ sich am Ende dann vielfach auf einen Blick erkennen, welche Themen den Bürgern wichtig sind.
Aber vier Schwerpunkte waren gesetzt worden und konnten an vorbereiteten Tischen mit Höhn-Mitarbeitern bearbeitet werden. Das Besondere des Verfahrens: Jeder konnte überall hingehen. Es gab keine festen Arbeitsgruppen. Die Sehestedter machten von dieser Möglichkeit rege Gebrauch.
Nachbarschaft
War einer der Hauptpunkte. “Die Verbindung von der Nord-und Südseite stärken” zeigte sich hier als wichtiges Thema. Obwohl, wie Bürgermeister Torsten Jürgens-Wichmann betonte: “Wir haben zahlreiche gemeinsame Aktivitäten”. Und Alt-Bürgermeisterin Rita Koop fügte hinzu: “Wir sind ein Dorf!” Und erwähnte ein Anliegen, das sie schon oft vorgebracht hat: “Vielleicht brauchen wir eine zweite Fähre.” Denn die Wartezeiten sind oftmals ärgerlich, das wurde deutlich. An anderer Stelle geht es den Bürgern zu schnell. Sie wünschen sich Tempo 30 auf der Fährstraße. “Das bekommen wir nicht durch, das ist eine Landesstraße”, machte Jürgens-Wichmann deutlich. Das Thema Kanal fasste Gemeinderatsmitglied Dirk Naeve ganz pragmatisch zusammen: “Es ist für uns eben ein größer Aufwand, von A nach B zu gelangen. Das Thema wird uns wohl noch die nächsten hundert Jahre beschäftigen.”
“Es darf nicht zu schön hier werden. Es reicht schon, dass jetzt so viele Besucher kommen.”
Dirk Metzger, Gemeinderatsmitglied
Tourismus
Erwies sich als ein sehr kontrovers diskutiertes Thema. “Im Grundsatz möchte die Mehrheit den Dorfcharakter erhalten”, fasste der Moderator das Stimmungsbild zusammen. “Ihr Standort ist nun einmal attraktiv”, bescheinigte er der Gemeinde – um hinzuzufügen: “Unattraktiver machen wollen Sie’s ja auch nicht.”
Allerdings: Vor allem die Zahl der Tagesgäste in etlichen Bewohnern ein Dorf im Auge. Lärm und eine blockierte Fähre sind hiervon die Folgen, die nicht gewünscht sind. Und während sich einige mehr Ferienwohnungen wünschen, sind diese anderen ein Dorn im Auge. Empfohlen wurde ein Arbeitskreis Tourismus, um die unterschiedlichen Interessen zusammen zu bringen.
Wohnen
Haben wir zu viele Ferienwohnungen? Lautete eine Frage. Deutlich wurde, das dringend Wohnraum bzw. Bauland benötigt wird – und zwar mit ganz unterschiedlichen Anforderungen. Es fehlen kleine Wohnungen für Senioren, denen ihr Haus zu groß wird, die aber gerne in der Gemeinde bleiben wollen. Oder für junge Alleinstehende. Hier seien Wohnungen von 45 Quadratmetern ideal, machten die Planer deutlich. Junge Paare und Familien haben wieder andere Bedürfnisse. Hier gibt es einiges zu tun, darin war man sich einig.
In diesem Zusammenhang kam die Sprache auch auf den Punkt “Mobilität”. Zwar ist hier etliches erreicht worden, dennoch brannte das Thema etlichen Anwesenden unter den Nägeln. Zwar ist der Ort zentral gelegen, wie Dirk Metzger deutlich machte: Rendsburg, Kiel, Eckernförde und Neumünster sind schnell zu erreichen. Und in zehn Minuten sei man am Strand. Voraussetzung ist allerdings ein Auto. Wer nicht motorisiert ist, wünscht sich wie Gunda Mutzeck eine Verbindung nach Bredenbek. “Dann könnte ich von dort aus mit der Bahn fahren”, gab Gunda Mutzeck zu bedenken.
“Wer sich nicht beteiligt, darf nicht jammern.”
Marcus Chall, Berater Höhn-Consulting
Ehrenamt
“Wir haben ein breites Angebot, aber der Zulauf geht immer weiter zurück”, konstatierte Bürgermeister Jürgens-Wichmann. So wurde diskutiert, wie man vielleicht Neubürger für ehrenamtliche Tätigkeit gewinnen könne. Ganz wichtig jedoch, dass wurde wiederholt deutlich: die Anerkennung. Daher hat die Gemeinde jetzt auch eine Ehrung für Ehrenamtler initiiert.
Wie es weiter geht
Jetzt werden die Ergebnisse des Workshops vom Amt ausgewertet. Die Ergebnisse werden auch noch einmal vorgestellt. Im Januar wir es dann noch eine Online-Umfrage geben. Es kann sich also jeder an der Diskussion beteiligen, wie die Zukunft aussehen soll. Für jene, die am PC nicht so fit sind oder keinen Computer haben, aber dabei sein möchten, wird noch eine Lösung überlegt.
Die Zukunft in den Hüttener Bergen
Die Workshops zur Zukunftsstrategie 2.0 werden in allen Gemeinden des Amtes Hüttener Berge durchgeführt. “2013 gab es 25 Workshops mit 800 Bürgern”, erinnert sich Amtsdirektor Andreas Betz. Die Gemeinden legen die Prioritäten selbst fest. Aber am Ende lassen sich die Ergebnisse bündeln und ein gemeinsames Vorgehen festlegen. “Das ist günstiger, als für jede Gemeinde einzeln ein Entwicklungskonzept zu erstellen”, erklärt Betz.
Das Thema Wohnen beispielsweise hätte eine hervorragende Ausgangssituation, weil die wohnbauliche Entwicklung zur Zeit auch ein Landesthema sei. Es ginge darum, dass nicht nur Einfamilienhäuser errichtet werden.
Beim Thema Ehrenamt hat Betz die Hoffnung, dass die Digitalisierung das Ehrenamt entlasten kann. Als Beispiel nennt er den Bürgerbus. Bisher wird der Fahrer direkt angerufen und ein Termin vereinbart. Künftig könnte das über den PC laufen. Oder die Buchungen für den Grillplatz in Bünsdorf oder für Dorfgemeinschaftsräume – alles könnte auf digitalem Wege geregelt werden.
Die digitalen Serviceleistungen sind allerdings noch am Entstehen, erklärt der Amtsdirektor und verweist darauf, dass sie gemeinsam mit den Betroffenen entwickelt werden.
Die Workshops zur Zukunftsstrategie 2.0 werden im Januar fortgesetzt. Holtsee, Hütten und Haby sind in der 4. Kalenderwoche an der Reihe. Der konkrete Termin wird noch bekannt gegeben. Sabine Sopha